Vortrag am 18.01.2020
XVI CONVEGNO DI ARTETERAPIA
“VIVERE L’IMPERFEZIONE
Arti terapie e “alcune tenere imprecisioni” J. L. Borges
Cittadella Formazione – Pro Civitate Christiana- Assisi
Sonja Narr & Patric Tavanti
“La libertà nella limitazione: Rasa-Boxes, un metodo indiano psicofisico nella drammaterapia”
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
bevor ich zum Thema komme, möchte ich mich auch im Namen meines Kollegen Patric Tavanti, der her neben mir sitzt, herzlich bedanken, dass wir als Theatertherapeuten aus Deutschland auf Ihrem Convegno unsere Arbeit und Gedanken vorstellen dürfen, und mit Ihnen in einen sicherlich spannenden und inspirierenden Austausch treten dürfen.
Patric Tavanti hat hier in Assisi in den letzten Jahren schon einige theatertherapeutisch basierte Workshops für deutsche Gruppen zur Schöpfungsspiritualität des Heiligen Franziskus gegeben. Und trotz seines italienischen Namens, den er seinen Urgroßeltern aus Lucignano in der Toskana verdankt, spricht er kein Wort dieser schönen Sprache. Aber das ist eine andere Geschichte … und wer ist schon perfekt!
Auch ich war schon mehrere Male in Assisi. Und wir beide haben mit Valentina Canonico und Simone Donnari vom Altas Centre in Perugia vor einiger Zeit gemeinsam in einem europäischen Forschungsprojekt zu künstlerischen Therapien für Flüchtlinge zusammengearbeitet. Dort habe ich mit Hilfe und dank der Kunst- und Theatertherapie zunächst nonverbale Freundschaft mit den beiden geschlossen und im Verlauf dann auch meine ersten italienischen Sätze gebaut.
Und so rede ich allein hier vor Ihnen, obwohl Patric und ich den Vortrag gemeinsam erarbeitet und formuliert haben.
Im Programmtext des Convegno heißt es: Wir leben in einer Realität, die das Unperfekte fürchtet. Diese Realität fordert Perfektion, Können, äußerlichen Glanz und Vollkommenheit.
Und so erlebte ich mit der Einladung zum Convegno und in der Vorbereitung dieses Vortrags und des Workshops, den wir nächste Woche auch noch einmal beim Convegno der französischen Dramatherapeuten in Lyon durchführen werden, viele Facetten meiner selbst und des Spiels von Unperfekt-perfekt:
Alles schien zunächst perfekt zu laufen … denn mir liegen die Sprachen …
ich wurde mir bei der Vorbereitung wieder einmal meiner Liebe zu Sprachen bewusst … meiner Muttersprache, weil sie mich einlädt zu differenziertem Denken und formulieren;
ich erinnerte mich, dass Französisch mit 17 die Sprache meiner emotionalen Befreiung wurde und tatsächlich, ich fluche und freue mich bis heute spontan auf Französisch … man sagte mir mit dem Wechsel der Sprache ändere sich auch der Ausdruck meiner Persönlichkeit
dann fiel mir ein, zur Not, wenn keine der beiden Sprachen funktioniert, geht ja auch noch Englisch, ein recht verlässliches Mittel für Kontakte und Arbeitswelt
Und das Italienische, fragte ich mich dann? Wie kam das eigentlich? Und ich fand es sehr schön beim Reflektieren zu entdecken, dass das Italienische mir einen geistigen Zugang zu Antworten auf die Sinnfragen meines ganz persönlichen innerlichen Lebens geschenkt hat und noch schenkt.
Was aber hat das nun mit dem Thema des Convegno zu tun?
Ja, während ich mich also noch sonnte in meiner Selbstbetrachtung, kam unausweichlich der Moment des Übersetzens meiner Gedanken und die Tatsache, dass ich auch in vivo als Vortragende Deutsche in Italien vor Italienern sprechen werden müsse … die Realität forderte also ihren Tribut und ich war plötzlich konfrontiert mit meinem eigenen Perfektionsanspruch und der Furcht vor meiner eigenen Unperfektheit.
Je mehr ich mich auch bemühte, alles richtig zu machen, desto deutlicher wurde mir meine Beschränktheit, meine Unzulänglichkeit und meine Begrenztheit. Ich spürte die äußeren Begrenzungen der Realität und die inneren Begrenzungen meiner Phantasie und meiner Befürchtungen. Was werden die anderen Fachleute von mir denken? Kann ich die Erwartungen an mich erfüllen? Oder werde ich – allein, weil ich mich nicht so gut ausdrücken kann, wie ich es in meiner Muttersprache könnte – für beschränkt, unwissend und damit auch anmaßend angesehen? Bin ich vielleicht tatsächlich größenwahnsinnig gewesen mit meinem spontanen: Na klar kann ich einen Vortrag auf Italienisch halten! Werde ich mich blamieren, schämen und uns alle in eine peinliche Situation bringen, weil ich nicht vorher ausreichend darüber nachgedacht habe, was alles schiefgehen kann? Und weil ich nicht vielleicht eloquent, souverän, mit brillierender Intelligenz, strahlendem Selbstbewusstsein und überzeigender Ausstrahlung, eben perfekt erscheine?
Je mehr ich mich bemühe, alles richtig zu machen, erlebe ich Seiten und Aspekte von mir, die ich nicht an mir mag, die ich nicht wahrhaben will, die mich an mir stören. Ich möchte doch so gerne glänzen, strahlen, vollkommen und perfekt sein, damit niemand, nicht einmal ich selbst, an mir etwas findet und benennen kann, was noch nicht so glatt, so glänzend, so unhinterfragbar ist, dass mir meine Unperfektheit meine Unzulänglichkeit und damit auch meine Bedürftigkeit bewusst werden.
Ich glaube, wir alle wollen schön, klug und machtvoll sein, wollen das Ideal, was wir von uns haben, erfüllen.
Aber ist es nicht gerade das, was mich als Mensch und als Therapeutin ausmacht? Dass ich mich mir und ihnen in meiner Unzulänglichkeit zumute? Dass ich darauf vertraue, was ebenso so im Programmtext steht, dass wir unsere Unvollkommenheiten in Würde, mit Schönheit und Humor auszuleben berechtigt, ja vielleicht sogar aufgerufen sind? Müssen wir als Therapeuten nicht gerade, uns selbst und unsere Unvollkommenheit aushalten und annehmen wollen, um anderen dabei helfen zu können, dasselbe zu tun?
Hier vorne vor Ihnen zu stehen und zu ihnen zu sprechen ist ein Experiment „in vivo“! Und so macht mir das Motto des convegno Mut: „Vivere l´imperfezione!“ – Wohl an!
Antoine de Saint-Exupéry sagte einmal: „Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern wenn man nichts mehr weglassen kann.“
Im Allgemeinen geht man tatsächlich meist vom ersten Teil des Zitats aus: Nicht-Perfekt assoziiert dann ein „zu-wenig-von-etwas“, einen Mangel. Und wie schön das dann im Umkehrschluss zunächst klingt: Perfektion ist erreicht, wenn es nichts Zusätzliches mehr braucht. Und dennoch ist diese anscheinend so wundervolle Sicht auf Perfektion auch etwas Trauriges und Totes, wenn wir vom Leben und von Lebewesen sprechen. Wären wir alle in diesem Sinne perfekt, wären wir alle gleich. Es wäre also egal, ob wir etwas oder einen von uns weglassen würden. Das Zitat behauptet aber: Perfektion ist, wenn man nichts mehr weglassen kann … das würde aber dann doch bedeuten, dass jeder einzelne anders oder besonders sein muss, so dass man eben nichts und niemanden mehr weglassen kann, um von Perfektion sprechen zu können? Wie dem auch sei …
Wenn wir alle gleich wären, bräuchten wir auch den anderen nicht mehr, er hätte uns nichts zugeben, von dem, was uns fehlt. Wir würden uns nicht mehr irritieren, anregen, kontaminieren (wie Simone Donnari so schön zu sagen pflegt!), nicht mehr bereichern, ergänzen und beschenken. Es gäbe keine Entwicklung mehr, das Leben als ein Prozess käme zum Stillstand. Es gäbe auch keine Ideale mehr, keine Ziele, keine Träume. Und es gäbe auch nichts Besonderes, Einzigartiges mehr. Unsere Einzigartigkeit als Individuum beruht ja gerade auf unserem Nichtperfekt-sein! Das Nichtperfekt-sein, unsere Unzulänglichkeit bedingt geradezu unserer Einzigartigkeit. So kann ich es hier an diesem Ort auch wagen es noch direkter zu formulieren: Gott hat uns als einzigartig gedacht und wir sind in unserer Menschlichkeit aufgerufen, uns unserer Individualität bewusst zu werden: Einer Individualität, die kein Egoismus ist, sondern einer Individualität, die Facette, Farbnuance, Geschmacksnote eines großen Ganzen ist – einer Einheit – eines ursprünglichen Prinzips – Gott! Das vermeintlich Unperfekte unseres Menschseins ist somit unsere einzige Chance und unser unermessliches Potential.
Wir verwechseln häufig Perfektion mit Ganz-sein, Heil-sein und Imperfektion mit defekt, beschädigt und krank oder invalid. Wir wollen nicht zerbrechlich, angreifbar oder schwach sein. Perfektion ist so gesehen ein Abwehrmechanismus, der uns schützen soll, vor der Angst davor, unsere eigene Schwäche und Schwächen zu erfahren. Und darum fürchten wir vielleicht auch die Innerlichkeit. Sie erscheint heute vielen als etwas Bedrohliches, denn in der Innerlichkeit, der Stille, dem Lauschen, dem Wahrnehmen erkennen wir unsere Zerbrechlichkeit, unsere Deformierungen und Verletzlichkeit.
In unserer äußerlichen Realität suchen wir nach Perfektion, obwohl wir uns in unserer innerlichen Realität nach unserem eigenen Ganzen, ja, unserer Heiligkeit im Sinne von Vollständigkeit sehnen. Es ist, als ob wir die Landkarte falsch herum halten und darum unser Ziel zwar deutlich sehen, aber es nie erreichen, weil wir auf dem falschen Weg sind.
Wie aber können künstlerische Therapien, kann Theatertherapie, helfen, die Karte richtig zu lesen, den Weg im Unperfekten zum Ganzen, zur Schönheit und Würde zu finden? Und unsere Unvollkommenheit nicht schamhaft zu verstecken und zu verleugnen, sondern sie mit Freude willkommen zu heißen.
Die Theatertherapie lädt dazu ein, die alltägliche Realität mit ihren Bedingtheiten, Grenzen und Gesetzen für eine bestimmte Zeit zu verlassen und in die Dramatische Realität einzutreten. Eine Realität, die wie die Traumrealität unbedingt, grenzenlos, zeitlos und scheinbar anarchisch ist. In der dramatischen Realität ist alles möglich. Daher bezeichnen wir sie auch als einen Möglichkeitsraum. Gleichzeitig ist immer klar, dass wir uns in diesem Raum nicht in der alltäglichen Realität bewegen, sodass die dramatische Realität immer ein „Als-ob-Raum“ bleibt. Dennoch wäre es sicher bereichernd, mit Borges zu überlegen, ob es nicht vielleicht doch auch eine Parallel-Realität ist, die nur eigenen Gesetzen folgt. Zumindest für unserer Gehirn scheint es nach den Erkenntnissen der aktuellen Ergebnisse der Neurowissenschaften ja so zu sein.
Die dramatische Realität ähnelt somit auch dem magischen Realismus, als deren Vertreter Borges gilt. Der magische Realismus vermischt die Grenzen zwischen Realität und Phantasie. Volkskultur, Mythologie, Religion, Geschichte und Geographie verschmelzen in den Texten und sind doch immer erkennbar. Er kombiniert zwei Konzepte, die in unseren Kulturkreisen normalerweise als gegensätzlich gelten: Realität versus Mythologie/Phantasie/Magie – doch der Gedanke ist, dass diese beiden im Sinne eines Balanceakts sehr wohl nebeneinander existieren können und nicht zwangsweise im Konflikt stehen.“ Und hier sehen wir große Übereinstimmungen mit der Theatertherapie, die das Unsichtbare sichtbar und das Unaussprechliche begreifbar und sagbar macht.
Peter Brook (und nicht nur er), spricht von der Bühne als „Heiligem Raum“. In diesem heiligen Raum werden das Innere, das Zerbrechliche und das Gebrochene sichtbar. Im Erleben der Handelnden und der Zuschauer dieser „Unvollkommenheiten“ wird durch die Katharsis, die nach Moreno zu einer Neuorientierung der Lebensgrundsätze sowohl bei Zuschauern wie auch Protagonisten führt, die Schönheit, das Erhabende und die Lebendigkeit dieser Unvollkommenheit deutlich und in ihrer Heiligkeit sichtbar. Heiligkeit im Sinne von Besonderem aber auch Tranzendentem, und damit auch von Ganz-sein und Über-sich-hinaus-gehen. Also etwas nicht Alltäglichem, aber sicher auch nicht Perfektem.
Die Theatertherapie gibt im Bühnenraum, im „Möglichkeitsraum“, einen Rahmen, um sich den Spannungen zwischen unserer Sehnsucht nach Heil-sein mit der Realität des Gebrochen-seins auszusetzen und diese Spannungen ausdrücken zu können. Und über dieses Erleben die eigene Besonderheit, die eigene Einzigartigkeit und dadurch „Heilung“ und „Heiligung“ zu erfahren.
Die Methode, mit der wir uns in unserem Workshop heute Nachmittag der Imperfezione und dem sinnlichen Erleben und Ausleben unserer Unvollkommenheit in ihrer Zerbrechlichkeit und Hässlichkeit, aber auch Schönheit und Lebendigkeit annähern wollen, heißt Rasa.
Rasa ist eine Jahrhunderte alte indische Theorie des indischen Theaters. Ihr Gegenstand ist die Abstraktion des Lebens in Grundstimmungen, Gefühle und emotionale Zustände universeller Natur, aus denen das Drama dann zusammengesetzt werden kann oder in der theatertherapeutischen Arbeit die Geschichten, die unser Leben sind, neu zusammengesetzt werden können.
Das Rasa-Konzept findet in Indien Theater, Tanz, Musik, Literatur und bildender Kunst bis heute Anwendung und prägt auch das indische Kino.
Die Theorie des Rasa beruht auf Reiz und Reaktion und deren Übertragung in den ästhetischen Raum. Gefühlszustände manifestieren sich als Gesten, Körperbewegungen, Laute, Sprache und Mimik. Denn die Gefühle oder psychisch-physische Zustände lassen sich nicht direkt, sondern nur mittels Gesten, Worten und Bewegungen ausdrücken.
Dabei werden zwar anfänglich individuelle und persönliche Gefühle und Erfahrungen ausgedrückt und erlebt. Im weiteren Verlauf aber durch „Transpersonalisierung“ zwischen den Handelnden und den Zuschauern aus der privaten Alltagserfahrung herausgelöst und in die Ebene einer kollektiven menschlichen Erfahrung gehoben.
Die Arbeit mit dem Rasa bietet noch eine wichtige Voraussetzung für den theatertherapeutischen Prozess, nämlich die ästhetische Distanz. Gearbeitet wird auf einem begrenzten Raum, der in 9 Felder aufgeteilt wird. Jedes Feld beinhaltet ein Rasa, also ein bestimmtes Gefühl oder eine Grundstimmung.
Indem der Handelnde ein Quadrat mit einem bestimmten Gefühl, eine Rasabox, betritt, öffnet er sich für die darin enthaltenen Qualitäten. Er äußert und verstärkt seine in ihm aufsteigenden Gefühle durch Gesten, Körperbewegungen und Laute. Er erforscht die verschiedenen Qualitäten und Aspekte des Gefühls durch das Variieren seiner Bewegungen und Laute, Körperhaltungen und Mimik. Er kann in dem sehr klar begrenzenten Raum des Quadrats die Vielfältigkeit eines Gefühls erleben und zum Ausdruck bringen. Er kann das Gefühl sehr intensiv erleben, in all seinen schöpferischen, aber auch zerstörerischen Aspekten mit allen Sinnen wahrnehmen und ausleben, ohne es unkontrolliert auszuagieren. Sollte ihm das Gefühl zu intensiv oder mit der Zeit zu langweilig werden, kann er mit nur einem Schritt in ein neues Quadrat treten und damit in ein anderes Gefühl wechseln.
In einem ersten Schritt werden alle Quadrate aufgesucht und die Gefühle ausgedrückt und erforscht. Schon hierbei kommen unwillkürlich eigene Assoziationen, Erinnerungen und auch Wertungen ins Spiel. In einem zweiten Schritt werden für jedes Quadrat eine wiederholbare Bewegungsfolge und Laute gesucht. Durch diese sehr individuelle Bewegungsfolge entsteht aber auch eine Abstraktion, die zu einer Distanz führt, die Neues ermöglicht und erfahrbar macht.
In weiteren Schritten können zum Beispiel Teile der eigenen Biografie durchgespielt werden, indem für eine bestimmte Lebensphase ein bestimmtes Quadrat mit den definierten Gefühlen, Bewegungen und andren Ausdrucksformen gewählt wird. Im wiederholten Wechsel zwischen den Quadraten und Lebensphasen entwickelt sich ein biographisches Erleben, ein ineinandergreifen der verschiedenen Lebensphasen, die eine Entwicklung aufzeigen können, die einem bisher unerkannt gewesen war. Trotz negativer Gefühle und Erfahrungen kann sich hier die Schönheit im Ganzen zeigen und auch die Notwendigkeit von abgelehnten Aspekten des eigenen Ichs oder Lebens für Wachstum und Entwicklung.
Ebenso können in diesem eng begrenzten Feld in Improvisationen von zwei oder mehreren Handelnden auch Geschichten gespielt werden, indem in dem Reiz-Reaktions-Muster des Rasafelds durch das Wechseln der Gefühlsquadrate eine Interaktion und daraus eine Handlung entsteht, die einen klaren Anfang und ein ebenso klares Ende hat und einen erkennbaren Höhepunkt, der oft zu einer Veränderung der Erwartungen und Ziele führt.
Da in diesen Improvisationen die Sprache nur als letzte Möglichkeit genutzt wird, kommt es zu einem starken inneren Erleben und gleichzeitig sehr ausdrucksstarkem auf sich selbst oder aufeinander bezogenem Handeln. Ebenso findet bei jedem Handelnden ein stetiger Wechsel zwischen äußerlichem Ausdruck und innerer Wahrnehmung statt. Durch den Wechsel der Bewegungsqualität kann die Gefühlsintensität verändert werden und durch den Wechsel in ein anderes Quadrat jederzeit auch beendet und später wieder aufgenommen werden.
In der Begrenzung der Rasa-Boxes kann eine große Freiheit und die eigene Lebendigkeit erlebt und letztendlich auch genossen werden. Dabei können auch sonst vermiedene oder verleugnete und verdrängte Emotionen und Aspekte der eigenen Persönlichkeit erlebt werden, die bisher abgelehnt oder als negativ beurteilt wurden. Dieses Erleben kann zu einer Erfahrung der Ganzheit und Schönheit in der sonst erlebten persönlichen Imperfektion führen.
Im Raum zwischen den Handelnden und den Zuschauern entsteht ebenfalls oft ein intensives inneres Erleben, ein kollektiver emotionaler und geistiger Raum, ein gemeinsames Schwingen in einem gemeinsamen Energiefeld.
Rasa ist ursprünglich eine Methode, um Texte und Stücke zu entwickeln. Wir nutzen sie, um schon gelebte Geschichte zu erforschen und neue Möglichkeiten zu erschließen. Rasa bietet dabei die Möglichkeit Altes zu erkennen, Neues zu probieren und Perspektiven zu verändern. Dabei können auch Bilder, Texte, Improvisationen entstehen, die durch die Begrenzung dieser Methode einerseits immer auch nur Ausschnitte des Ganzen bleiben werden, aber andererseits und darüberhinaus dennoch über sich selbst hinausweisen zu einem größeren Ganzen, von dem wir ein Teil sind.
Und so können wir diesen Vortrag mit einem Zitat von Jorge Luis Borges beenden und gleichzeitig auf unseren Workshop hinweisend sagen:
Wir werden „Augenblicke unseres Lebens wiedererlangen und sie kombinieren, wie es uns gefällt. Gott und unsere Freunde und Shakespeare werden unsere Mitarbeiter sein.“
Vielen Dank!